US-Börsenaufsicht SEC lässt zahlreiche Krypto-Klagen fallen

In den letzten Jahren hat die US-Börsenaufsicht SEC eine Reihe von Klagen gegen Krypto-Unternehmen initiiert. Nun lässt sie fast alle fallen. Interessant ist, welche Klagen sie derzeit noch weiter führt.

Es war zu erwarten, dass die Regulierung in den USA nach der Amtsübernahme von Donald Trump lockerer werden würde. Wie locker, überrascht aber doch. Innerhalb kürzester Zeit zieht die US-Börsenaufsicht SEC zahlreiche Klagen gegen die Branche zurück.

Consensys / MetaMask

Die SEC hatte im vergangenen Jahr den Ethereum-Giganten Consensys dafür angeklagt, mit der beliebten Web3-Wallet MetaMask als nicht lizenzierter Broker für Wertpapiere zu fungieren. Consensys-Boss Joseph Lubin erklärt nun auf Twitter , dass sein Unternehmen und die SEC den Fall vor dem Gericht einvernehmlich schließen.

Sein Unternehmen habe den Konflikt gescheut, ihn aber „bis zum bitteren Ende“ führen müssen, erklärt der Geschäftsführer. Tatsächlich hat Consensys auf die Klage gegen Metamask damit reagiert, dass es die SEC verklagt hat , was ein teurer und riskanter Zug war, der nun aufgeht. Dies liegt aber weniger am Verlauf der Klage, sondern an der neuen Führung der SEC, welche einen „innovations- und investorenfreundlichen Weg“ gehe. Nun könne man seine Ressourcen wieder zu 100 Prozent der Entwicklung „einer dezentraleren Welt“ widmen.

Consensys ist eines der ersten und größten Ethereum-Startups. Neben der Wallet Metamask betreibt es die Infura-Server für Ethereum-Nodes, das Linea-Rollup sowie zahlreiche Entwickler-Werkzeuge.

Coinbase

Auch die große US-Börse Coinbase hat sich mit der SEC geeinigt. Die Behörde habe „prinzipiell eingewilligt, den gesetzeswidrigen Fall gegen Coinbase einzustellen“, schreibt die Börse auf ihrer Webseite.

Die SEC hat, obwohl sie das Geschäftsmodell von Coinbase für den Börsengang 2021 abgesegnet hatte, die Börse 2023 verklagt. Das Unternehmen fungiere als eine Wertpapierbörse, ein Broker und ein Clearing-Haus, ohne dafür die notwendigen Lizenzen zu haben. Die SEC habe mit der Klage, kommentiert Coinbase, „gehandelt, als stünde sie über dem Gesetz“, scheiterte aber nun an diesem. Der Börse sei es nun aber gelungen, „die Rechte unserer Kunden zu schützen und die SEC zur Verantwortung zu ziehen.“

Das Ende der Klage sei ein Sieg des Rechts, ein Sieg der Krypto-Branche und der 52 Millionen Amerikaner, die Kryptowährungen halten. „Heute haben wir den USA geholfen, einen starken Schritt vorwärtszugehen, um diese Industrie im Inland zu bilden.“

Uniswap

Auch die größte dezentrale Börse Uniswap geriet im vergangenen Jahr ins Fadenkreuz der SEC , wobei aber unklar war, ob wegen des Betriebs der dezentralen Börse selbst oder dem für sie herausgegebenen UNI-Token.

Nun ist der Fall „offiziell“ geschlossen, jubelt Uniswap Labs. Die SEC bestätige damit, „was wir schon immer gewusst haben: Uniswap Labs operiert vollständig gesetzeskonform.“ Das Start-up, das den Smart Contract von Uniswap entwickelt und ein Interface für diesen bereitstellt, begrüßt es, „dass die neue Führung der SEC einen genauen Blick auf die offenen Verfahren und Ermittlungen der Branche wirft“ und erkennt, „dass es effektivere Wege gibt, um die amerikanischen Verbraucher zu schützen.“

Das Ende des Falls sei eine große Erleichterung „für die breite DeFi-Community der Gründer, User und Entwickler“, welche daran arbeiteten, ein besseres Finanzsystem für alle zu schaffen.

Gemini

Auch gegen Gemini, die New Yorker Börse der Winklevoss-Zwillinge, hatte die SEC ein Verfahren eingeleitet. Dieses wird sie nun, freut sich Cameron Winklevoss, nicht fortsetzen. Dies markiere „einen weiteren Meilenstein im Ende des Krieges gegen Krypto“, doch, fährt Cameron unerbittlich fort, „es repariert nicht den Schaden, den diese Agentur uns, unserer Branche und Amerika bereitet hat.“

Das Verfahren der SEC „hat uns zig Millionen Dollar an Anwaltskosten allein bereitet, wozu noch hunderte Millionen in verlorener Produktivität, Kreativität und Innovation kommen.“ Daher solle die SEC die Börse nun mit dem Dreifachen der bezahlten Gerichtskosten entschädigen. Darüber hinaus sollten Mitarbeiter der SEC, die die „ungerechten Fälle“ getragen haben, zurücktreten. „Es sollte nicht akzeptabel sein, die volle Macht der US-Regierung gegen junge Unternehmen einer erst entstehenden Branche aufzufahren und sich dann hinter einer gesichtslosen Agentur zu verstecken oder zu sagen, man habe nur seinen Job getan.“

OpenSea

Das Start-up OpenSea war für eine lange Zeit der größte NFT-Marktplatz und spielt in diesem Marktbereich weiterhin eine große Rolle. Die SEC hatte im vergangenen Jahr ein Verfahren gegen den Marktplatz geführt, was perfiderweise implizierte, dass sie NFTs als Wertpapiere betrachtet. Dies wäre, schreibt OpenSea-CEO Devin Finzer, „ein Schritt rückwärts – und zwar einer, der das Gesetz missinterpretiert und Innovationen verlangsamt.“

Nun schließt die SEC auch dieses Verfahren. Dies „erlaubt es Gründern, auch weiterhin die Zukunft digitalen Eigentums zu formen, ohne unnötig behindert zu werden.“

Justin Sun

Der junge, legendär reiche Gründer von Tron , wurde von der SEC angeklagt, den Markt manipuliert zu haben. Er habe, so die SEC 2023, seine Unternehmen, darunter die Tron Foundation, genutzt, um „Wash Trading“ mit Wertpapieren zu betreiben, diese also mit dem einen Unternehmen zu verkaufen und mit dem anderen zu verkaufen, um den Eindruck eines hohen Handelsvolumens zu erwecken.

Diese Klage wird nun pausiert . Ein delikater Hintergrund ist, dass Justin Sun rund 30 Millionen in „World Liberty Financial“ (WLF) von Trumps Unternehmen „investiert“ hat. Daraufhin wurde Sun zum Berater von WLF und hat noch einmal in das Projekt investiert. Insgesamt habe Trump, rechnet der Börsendienst Bloomberg aus, von Sun auf diesem Weg 56 Millionen Dollar an „Gebühren“ einkassiert.

Bonus: SEC sieht Memecoins nicht als Wertpapiere

Und als wäre das noch nicht genug, hat die SEC vor wenigen Tagen ein Statement zu Memecoins abgegeben. Memecoins seien „ein Typ von Krypto-Assets, die durch Internet-Memes, Charaktere, Ereignisse oder Trends inspiriert sind.“ Sie verhalten sich auf dem Markt wie Sammelstücke und haben eine „begrenzte oder überhaupt keine Funktionalität.“ Wegen ihrer spekulativen Natur „tendieren sie zu signifikant volatilen Preisen.“

Die SEC sieht im Verkauf von Memecoins keinen Verkauf von Wertpapieren. Wer „im Angebot oder Verkauf von Memecoins teilnimmt, muss diese Transaktionen nicht bei der SEC anmelden.“ Weder Käufer noch Besitzer von Memecoins seien durch Wertpapiergesetze geschützt. Memecoins sind „keines der üblichen Finanzinstrumente, die unter die Definition des Wertpapiers fallen, darunter Aktien, Notes und Anleihen.“ Denn Memecoins, erklärt die SEC, „generieren keine Erträge, tragen kein Recht auf künftige Einnahmen, Profite oder Anteile eines Unternehmens.“

Anders gesagt: Macht, was ihr wollt, die SEC schert es nicht.

Ripple weiter vor Gericht

Mit den hier genannten Fällen kommen einige der größten Verfahren der SEC zum Ende. Allerdings nicht alle. Am prominentesten unter den Fällen, die derzeit noch weiterlaufen, dürfte Ripple sein. In diesem seit Jahren laufenden Fall wurde im Sommer 2023 ein wegweisendes Urteil erzielt, demzufolge die XRP-Token nur dann als Wertpapiere gelten, wenn Ripple Labs sie an Investoren verkauft oder als hauptsächlicher Liquiditätsprovider auftritt, nicht jedoch, wenn sie auf Börsen frei gehandelt werden.

Dieses Urteil bürdet Ripple Labs eigentlich enge Restriktionen auf, wie das Unternehmen die XRP-Token handeln darf, und macht es schwieriger, den Fall aufzulösen, als bei den vorher genannten Unternehmen. Ripple strebt nun einerseits an, die Restriktionen wieder aufzuheben, und möchte andererseits den Fall rasch beenden, um den geplanten Börsengang zu initiieren. Daher zieht sich der Prozess noch fort, auch wenn manche Beobachter damit rechnen, dass er noch in diesem Jahr zu Ende geht.

Andere gehen wieder davon aus, dass Donald Trump den Prozess quasi bereits geschlossen hat, als er verkündete, XRP in die nationale Krypto-Reserve der USA aufzunehmen . Sollte ein Post eines Präsidenten aber über den Gerichten stehen, wäre dies kein besonders gutes Signal für die amerikanische Rechtsstaatlichkeit.

Was bedeutet das alles?

Es kommt selten vor, dass eine solche Flut an Verfahren innerhalb so kurzer Zeit gestoppt wird. Hierfür dürfte es zwei Gründe geben: Erstens die neue Regierung, die generell eher gegen Regulierung ist, aber zweitens, und vielleicht vor allem, die schon seit Jahren laufenden Kämpfe der gut finanzierten Krypto-Branche vor Gericht.

Indem die SEC mehr oder weniger jedes relevante Krypto-Unternehmen der USA anklagte, hat sie ihr Blatt überreizt. Es hatte schon lange Kritik daran gegeben, dass die Behörde durch Klagen, anstatt klarer Vorgaben reguliere. Der Rundumschlag gegen die Branche hat diese dann zusammengeschweißt, sodass sie nicht nur mit einheitlichen Argumenten reagierte, sondern die SEC selbst anklagte. Doch vermutlich wäre es ohne die neue Regierung nicht so schnell gegangen.

Die Lage ist nun die, dass Krypto-Unternehmen so etwas wie einen Freibrief haben. Wer in den USA mit Krypto arbeitet, wer Plattformen für Dezentrale Finanzen oder NFTs bildet, wer Memecoins oder andere Token herausgibt, bleibt frei von Verfahren der SEC, sofern er nicht offensichtlich Betrug begeht oder andere Gesetze bricht. Die USA sind bereit, sich auf Krypto einzulassen – auf Blockchains, Dezentrale Finanzen, das Web3, das Internet der Werte, wie auch immer – und die SEC wird den Gründern und Entwicklern keine Steine mehr in den Weg legen. Dies beseitigt nicht nur ein Risiko – sondern reduziert auch Kosten für Anwälte.

Man kann also erwarten, dass sich der Takt der Innovation und Adaption in den USA beschleunigen wird – während er in der EU, die mit MiCA eine sehr restriktive Regulierung verabschiedet hat, sich eher verlangsamen wird.